Eine tolle Idee ist in Gobabis geboren worden: zwei Schüler kommen voller Tatendrang aus Namibia zurück nach Hamburg und gründen eine Fairtrade AG. Marie Schnaidt hat für uns ein Gespräch mit Paul Zeller und Jona Schües geführt und den spannenden Weg der beiden für uns zusammengefasst:
In Gobabis, einem kleinen Ort in Namibia mit 32.000 Einwohnern, pflegt unsere Stiftung ein steps homes-Programm, das im Herbst 2017 von einer Schülergruppe des Gymnasiums Eppendorf besucht wurde. Eine Reise, die keiner von ihnen so schnell vergessen wird, denn es ist das erste Mal, dass sie direkt und bewusst mit dem Unterschied zwischen arm und reich konfrontiert werden: „Hier in Eppendorf wächst man in so einer Wohlfühloase auf. Man hört von den Problemen, aber man kann es sich eigentlich nicht vorstellen. Und obwohl, naja wie soll man das jetzt sagen… obwohl sie ein ganz anderes Leben führen als wir und zu den ärmsten Menschen der Welt gehören, sind sie trotzdem glücklich und fröhlich.“ Der 17jährige Schulsprecher Paul Zeller beschreibt seinen Eindruck. Jona Schües stimmt ihm zu und merkt die zunehmende Resignation der etwas älteren an.
steps schafft es, den Kindern eine unbeschwerte Zeit zu bieten, in der sie glücklich und fröhlich sein können. Neue Arbeitsplätze wirken Aussichtslosigkeit entgegen, Bildung- und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen schaffen eine Zukunftsperspektive, die gegen die Resignation älterer Generationen ankämpft.
Durch Herrn Grote, ihren ehemaligen Klassenlehrer, der sich mit dem sozialen Schulverein der „Hege Helping Hands“ seit 2003 für notleidende Menschen – ob weit weg oder in der Nachbarschaft – engagiert, bekommen sie gemeinsam mit weiteren Schüler_innen die Chance, in Namibia wertvolle Hilfe vor Ort zu leisten.
Paul und Jona bauen Hütten, die den Anforderungen in Gobabis gerecht werden: wasser-, wind- und wetterfest müssen sie sein, mit Pflastersteinen muss der Boden befestigt werden.
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Ihr Tatendrang lockt viele Kinder an, die nicht in der glücklichen Lage sind, eine Schule zu besuchen: schnell bilden sich von alleine Schlangen zu den Hütten, um zum Beispiel den Sand zu transportieren oder kleinere Steine anzureichen.
Eine weitere Gruppe kümmert sich um die Inneneinrichtung der Hütten: zehn Schrank-Tischkombinationen entstehen in der steps-Tischlerei. Dabei stehen ihnen ausgebildete steps-Tischler helfend zur Seite.
„Manchmal hatten wir zum Arbeiten Musik dabei und das hat die Leute zum Tanzen und auch zum Mithelfen animiert.“ berichtet Jona.
Um die Finanzierung von den zehn Unterkünften zu sichern, sammelt die Gruppe schon in Deutschland das ganze Jahr über Geld. Die Unterkünfte, die sie auf ihrer Reise bauen, dienen Familien aus den Townships, welche sich bereiterklären, Waisenkinder aufzunehmen. In diesem Fall erhalten sie ganzheitliche Unterstützung durch die Stiftung steps for children – das sind unsere steps homes Familien.
Man merkt den beiden Schülern an, dass sie eine Menge neue Erfahrungen gemacht haben und sich ausgiebig damit beschäftigt haben. Es weckt in ihnen den Wunsch, so wie die Stiftung steps for children auch etwas Eigenes der Situation entgegen zu setzen. In den zwei Wochen in Gobabis, von den täglichen Eindrücken und Erlebnissen überwältigt, überwiegen die Abende, an denen sich Paul und Jona mit Herrn Grote zusammenfinden. Intensiv denken sie über Ideen nach, die den Menschen in Entwicklungsländern helfen, langfristig und nachhaltig eine Veränderung hervorrufen und von Hamburg aus umgesetzt werden können. Eine Idee, die sich mit den aktuellen Lebensumständen der Schüler vereinbaren lässt. Sie beschließen, etwas von zu Hause aus machen zu müssen. Weil sie merken, dass ihre Arbeit hilft, einen Wert hat und sie erfahren, wie dankbar ihnen die Menschen sind.
Mit der Idee, eine Fairtrade AG an ihrer Schule zu gründen, kehren sie aus Gobabis nach Hamburg zurück. Mit einem Aufruf in der Schule suchen sie Unterstützung von Schüler_innen und Lehrer_innen – und werden nicht enttäuscht: unter den 850 Schülern des Eppendorfer Gymnasiums finden sich einige, die diese Schülerinitiative mit auf die Beine stellen möchten. Jeden Mittwoch trifft sich die Fairtrade AG für eine Stunde, die an einem umfassenden Konzept arbeitet (siehe unten). Für Paul und Jona ist das natürlich nur ein Bruchteil der Zeit, die sie dafür aufwenden. Es steckt eine Menge ihrer Freizeit in dem Projekt. Doch das sehen sie gelassen. Für beide ist klar, dass sie sich weiterhin engagieren.
Die Fairtrade AG kann sich auf zwei sehr engagierte Lehrerinnen verlassen: „Ohne diese Lehrerinnen wäre unsere ganze Arbeit nicht möglich.“ gibt Paul zu.
Eine zweistündige Unterrichtseinheit als Themeneinstieg hat die AG für die gesamte Schule vorbereitet, die am Aktionstag in jeder Klasse unterrichtet wird. Am Abend dieses Aktionstages findet eine Podiumsdiskussion mit ausgewählten Gästen der Fairtrade-Branche Deutschlands statt und informiert Schüler_innen, Eltern und Lehrer_innen umfassend über das Thema.
Krönender Tagesabschluss ist eine Fairtrade-Modenschau, was selbst viele nicht engagierte Schüler freiwillig in die Schule lockt.
Die Fairtrade AG entwickelt folgendes Konzept:
Einführung des Projekts an der Schule, Sensibilisierung der Mitschüler für das Thema, Begründung der Fairtrade AG
- Fairtrade Point
Er ersetzt bald mit fairen Snacks (fair gehandelte Schokolade, Riegel, Lemonaid etc.) den Schulkiosk
- Fair Trade im Unterricht
Fairer Handel wird im Unterricht thematisiert, Verankerung im Lehrplan, Kooperation mit Lehrerkollegium
Ihre Schule ist bald offiziell eine Fairtrade Schule.
Das bedeutet, die Schule erfüllt fünf Kriterien und bekommt dann ein Fairtrade Siegel. Ihr Ziel ist es, durch das Projekt möglichst viele Menschen zu erreichen und bei ihnen das Bewusstsein zu fördern, durch das eigene Konsumverhalten aktiv den Welthandel mitzugestalten. Sie wollen Möglichkeiten aufzeigen, wie man sich engagieren kann und hoffen, dass ihre Mitschüler in ihren künftigen Jobs den Fairtrade Gedanken miteinbringen können.
Vielen Dank an Paul und Jona für das Gespräch und wir wünschen Euch viel Erfolg mit der Fairtrade AG!